
In der vergangenen Woche kam das Epitaph der Elisabet Francke nach erfolgreicher Restaurierung zurück nach Eisleben, in Luthers Geburtshaus. Von April bis Juli 2022 wurde es von Oliver Tietze (Leipzig) restauriert. Dabei korrigierte er Verwölbungen im oberen Bildbereich.
Das Exponat gehört dem evangelischen Kirchengemeindeverbund. Seit 2007 kann das Francke-Epitaph in Luthers Geburtshaus in Eisleben begutachtet werden.
Dieses Epitaph ist ein um 1517 geschaffenes Bildnis für die Ehefrau des Eisleber Hüttenmeisters Fabian Francke. Das 132 x 101 cm große Bild wird dem Maler Hans Döring zugeschrieben. Döring (1483-1558) war ein Schüler von Lucas Cranach dem Älteren und ist zwischen 1511 bis 1518 in Wittenberg nachweisbar. Bezeichnenderweise entstand das Gemälde genau in dem Jahr, in dem Luther seine 95 Thesen an der Schlosskirche in Wittenberg anschlug.
Die im Rahmen angebrachte Inschrift besagt: „Nach Christi unßers hern geburt 1517 Dinstags in den Pfingstheiligen tagen ist die Thugenthafftige Elizabet Frabian Francken eheliche Hausfrau verschiden in der selen got von Himel gnedig und Barmhertzig sey. Amen.“
Die Tafelmalerei mit der Darstellung der Beweinung Christi nach der Kreuzesabnahme war ursprünglich in der Nähe des Begräbnisortes der Verstorbenen an einem Pfeiler in der Andreaskirche zu Eisleben angebracht, bevor sie als Dauerleihgabe der Kirchgemeinde an ihren musealen Aufstellungsort zunächst in Luthers Sterbehaus, dann in Luthers Geburtshaus kam. Das Epitaph spiegelt nicht nur die Frömmigkeit und den Wohlstand der Familie Francke wider, es zeigt die Familienangehörigen auch selbst: Fabian Francke kniet in bürgerlicher Schaube, Kappe und mit aufgeschlagenem Rechnungsbuch als stark verkleinerte Figur auf der unteren Bildseite links zusammen mit seinen 8 Söhnen, die Gruppe der Frauen der Familie mit 5 Töchtern und vermutlich Fabians Ehefrau aus einer anderen Ehe auf der rechten Seite. Dominiert wird die Hauptebene des Gemäldes auf der rechten Bildhälfte von der Figurengruppe der trauernden Mutter Maria und des Jüngers Johannes, die den blassen Leichnam des gerade vom Kreuz abgenommenen Heiland zwischen sich halten. Etwas im Hintergrund und durch den nur im unteren Ende erkennbaren Kreuzesstamm von der trauernden Gruppe getrennt, aber dennoch durch ihre gleiche Größe deutlich in das Geschehen einbezogen, steht die verstorbene Elisabet selbst, mit im Gebet gefalteten Händen und im reich verzierten Rollenkostüm der biblischen Maria Magdalena. Die Trauer um den Gekreuzigten im Hauptteil des Bildes wird so gleichsam in der Trauer um die verstorbene Mutter der Franckefamilie gespiegelt. Zugleich scheint sich durch die unmittelbare Nähe der Dargestellten zu Christus bereits eine veränderte religiöse Geisteshaltung abzuzeichnen, der zufolge - schon im Vorfeld der eigentlichen Reformation - nicht Klerus oder der Ablass, sondern allein die Gnade Gottes durch den Kreuzestod seines Sohnes Christus für die Heilsgewissheit ausschlaggebend sind.